Sonntagsgruß aus unserer Kirche – Lätare (22.3.2020)

Liebe Gemeinde,

während ich dies schreibe, sitze ich gerade in unserer Kirche auf meinem Platz vorne links. Der Gottesdienst müsste gleich anfangen, aber die Kirche ist leer, heute bleiben die Türen geschlossen, und das ist ein merkwürdiges und beklemmendes Gefühl.

Alle Gottesdienste und Veranstaltungen, Taufen, Trauungen, die Konfirmation…vieles wird bis in den Sommer hinein nicht mehr möglich sein.

Wir müssen neue Wege des Miteinanders und des Gebets finden.

Deshalb möchte ich ab heute jeden Sonntag einen Gruß von und aus unserer Kirche auf unsere Homepage stellen – und als Bildimpuls jeweils ein zum Sonntag passendes Symbol auf unserem Altar.

Heute ist der Sonntag „Laetare“. Lätare heißt: Freut euch. Der vierte Sonntag der Passionszeit ragt aus der Reihe der anderen Sonntage während der Fastenzeit heraus. Er gilt als Freudentag mitten in der Passionszeit, als ein kleines Ostern in dieser ernsten Zeit.

Deahalb ist heute auf dem Bildgruß ein Lätare-Strauß zu sehen, zusammen mit ein paar Predigtgedanken, die zugegeben nicht ganz neu sind (im letzten Jahr hatten wir an diesem Tag das Richtfest unseres Martin-Luther-Hauses), aber in diesen Tagen noch einmal eine besondere Bedeutung haben:

Ein Lätare-Strauß ´besteht aus 3 x 3 Dingen:

Zu einem Lätarestrauß gehören drei Zweige. Drei verschiedene Zweige von unterschiedlichen Bäumen oder Sträuchern. Sie stehen für die drei Wochen bis Ostern. Die Knospen sind noch verschlossen, aber es ist schon zu sehen, dass sie bald aufspringen werden, um zu blühen oder um die roten und grünen Blätter zu zeigen. Wenn es gut geht, werden die Blüten und Blätter an Ostern offen sein.

So sind die Zweige mit den Knospen die Zeichen der Hoffnung auf das neue Leben, auf die Auferstehung, die wir an Ostern geschenkt bekommen. Die Knospen sind ein Zeichen der Hoffnung, dass das Leben siegt.

An unseren Strauß sind drei Brezeln gebunden: Die Brezeln erinnern uns an drei Dinge

Da ist erstens die Gebetshaltung. Die Brezeln sind geformt wie die verschränkten Arme beim Gebet. Wir Menschen stehen vor Gott im Gebet. Gerade in der Passionszeit – und auch jetzt in der Corona-Krise – denken wir daran, dass wir vor dem Leid der Welt oft machtlos dastehen; wir können oft nur zusehen. Aber als Christen können wir zu Gott beten, wir können das Leid vor ihn bringen und im Gebet aussprechen. Die Brezeln erinnern daran, dass wir als Christen jemand haben, mit dem wir reden können, dem wir auch das Leid klagen können:

Gott, mein Herz ist unruhig. Schenke Du mir doch bitte deine Ruhe und deinen Frieden.

Gott, in mir herrschen Hoffnungslosigkeit und Dunkelheit vor, deshalb schenke du mir bitte das Licht der Hoffnung auf ein Ende dieser Krise.

Gott, wir sind im Moment gezwungen, zuhause zu sein. Deshalb bitte ich dich, Gott: segne das Miteinander in unseren Häusern, gib, dass wir Menschen liebevoll und respektvoll miteinander umgehen können.

Gott, gib denen Kraft, die momentan unter Druck stehen und mehr arbeiten müssen als sonst – aber auch denen, die gerne mehr tun würden, aber nicht können.

Beten hilft! Ab heute Abend läuten die Glocken vieler Kirchen, auch unsere Reilinger Kirchenglocken, täglich um 19:30 Uhr zum gemeinsamen Gebet.

Zum zweiten gibt es bei der Brezel drei Durchblicke: Da ist zunächst der Durchblick oder Ausblick auf die drei Wochen bis Ostern. Dann haben wir einen Durchblick auf die Trinität, auf die Dreieinigkeit und Dreifaltigkeit Gottes. Wenn wir auf Gott schauen, erfahren wir ihn als Gott-Vater, der uns geschaffen hat, als Gott-Sohn, der uns erlöst hat, und als Heiligen Geist, der uns in seiner Gemeinde sammelt und im Glauben erhält. Und schließlich blicken wir durch die Durchblicke der Brezel auf Glaube, Hoffnung und Liebe, die nach Paulus als Gaben Gottes für unser Leben bleiben.

Und drittens erinnern uns die Brezeln an das Weizenkorn, das in die Erde fällt. Die Brezeln sind aus Korn gebacken. Sie erinnern uns an das Weizenkorn, das in die Erde fällt und dort vergehen muss, um neue Frucht zu bringen. So wird es auch im Evangelium des Sonntags Lätare beschrieben (Johannes 12,24-26):

Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Wenn das Weizenkorn nicht in die Erde fällt und erstirbt, bleibt es allein; wenn es aber erstirbt, bringt es viel Frucht. Wer sein Leben lieb hat, der wird’s verlieren; und wer sein Leben auf dieser Welt hasst, der wird’s erhalten zum ewigen Leben. Wer mir dienen will, der folge mir nach; und wo ich bin, da soll mein Diener auch sein. Und wer mir dienen wird, den wird mein Vater ehren.

Das Korn ist Zeichen dafür, dass man etwas einsetzen und aufgeben muss, um Frucht zu erhalten. Wer sich an Dinge klammert, wer nicht auch das eigene Leben loslassen kann, wird keine Frucht bekommen. Er wird das Leben, das er festhalten wollte, letztlich verlieren.

Deshalb wurde der Lätare-Sonntag früher auch manchmal „Brezelsonntag“ genannt. Die Brezeln bei unserem Sommertagsumzug, der heute normalerweise stattgefunden hätte, stammen übrigens auch von diesem Lätare-Brauch. Den Winter muss man loslassen (sterben lassen), damit es Frühling werden kann.  „Winter ade, scheiden tut weh“ – in diesem Frühlingslied klingen derzeit so viele Sehnsüchte mit, nach Menschen, nach Ritualen, nach Beständigkeit.

Schließlich finden wir am Lätarestrauß drei Bänder, zwei violette und ein rosa Band. Auch die Bänder stehen für die drei Wochen und drei Sonntage bis Ostern. Lätare – Judika – Palmsonntag.

Violett ist die Farbe der Passion. Sie erinnert an das Leiden Jesu. Das violette Band erinnert aber auch daran, dass wir in unserem Leid mit Jesus verbunden sind.

Das rosa Band steht für den Sonntag Lätare. Es gibt nur diesen Sonntag Lätare – und den 3. Advent – im Kirchenjahr mit der liturgischen Farbe rosa.

In der Farbe rosa mischen sich das Rot der Liebe und das Weiß des österlichen Freudenfestes. Rosa ist so ein zarter Hinweis auf das Rot der Liebe und die Freude des Lebens, die an Ostern in voller Pracht erstrahlen werden.

Der Strauß wird immer für andere gemacht. Einen Lätarestrauß muss man weitergeben. Die Freude wird einem anderen Menschen mitgeteilt. Sie wird einem anderen Menschen gemacht.

Wie die Hoffnung und die Freude weitergegeben werden müssen, so soll auch der Lätarestrauß ein Zeichen der weitergegebenen Hoffnung und der vorösterlichen Freude sein, die darf sich ausbreiten und vermehren – ganz unkontrolliert

Die Hoffnung auf das Leben, die uns von Christus geschenkt wird, die wollen wir weitergeben.

In diesen Zeiten kann ich den Laetare-Strauß nicht persönlich an einen lieben Menschen geben, deshalb bleibt er bei uns in der Kirche stehen – aber das Bild davon darf gerne weitergeschickt werden, zusammen mit einem vorösterlichen Hoffnungsgruß, dass Leid und Tod nicht das letzte Wort haben.

Eure Kirchengemeinde ist für euch da – meldet euch bei Fragen und Sorgen.

Bleiben Sie, bleibt Ihr gesund und behütet!

Ihre / Eure Pfarrerin Eva Leonhardt

 

Anbei finden Sie einige Links zu Angeboten geistlichen und kirchlichen Lebens:

Wir sind gerade dabei, alternative geistige Angebote ins Leben zu rufen. Auf der Homepage unserer Kirchengemeinde stellen wir regelmäßig Neuigkeiten und Impulse online.
Unser Oberlin-Kindergarten hat jetzt einen Youtube-Kanal: Oberlingoesonline!
Auch unsere Gemeinden in der Region und unserer Landeskirche stellen unterschiedliche Andachten online.
Livestream Sonntagsgottesdienst auf dem Kanal der ev. Kirchengemeinde Neulußheim:

https://www.youtube.com/watch?v=bCdnB7g1M_Y

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Taizé